Schon immer gab es in Lübeck Bürger, Einwohner und Fremde. Nicht jeder Einwohner, auch wenn er in Lübeck geboren war, konnte Bürger sein.
Das Bürgerrecht musste, nachdem gewisse Voraussetzungen erfüllt waren, gesondert erworben werden.
Die Bürger hatten die größeren Rechte, aber auch die größeren Pflichten. Unter anderem mussten die Bürger Wachdienst leisten und Bewaffnete ausrüsten. Aber auch bei Gefahr mussten die Bürger selber zu vorzuhaltenden Waffen greifen und schießen können. Dieses geht aus einer Bürgersprache (Verordnung) aus dem Jahr 1421 hervor.
Im Gegensatz zu vielen Städten im Süden war das Schützenwesen nicht sehr verbreitet und nicht stark ausgebildet im Lübeck des Mittelalters. Das kann man aus dem Fehlen von Dokumenten zu Schützenvereinigungen aus der Zeit ersehen.
1475 wird zwar in einer Eintragung in das Oberstadtbuch „von der Vogelstange oder dem Gerüst für den Vogel nach dem geschossen wurde……“ gesprochen, die vor dem Burgtor errichtet sei. Noch zuletzt 1587 wird dort von der Schottbahne, also von der Schießbahn gesprochen. Da aber aus den Zeiten nichts von einer Schützenbruderschaft zu finden ist, besteht eher die Wahrscheinlichkeit, das die einzelnen Körperschaften, also Bürger, Kaufleute, Knochenhauer usw. dort schossen.
Wenn wir also vom Schützenwesen im Mittelalter recht wenig wissen und auch nicht nachlesen können, so sind die Quellen ab dem 16. Jahrhundert schon umfangreicher.
Es ist die Zeit, in der die Feuerwaffen allgemeiner werden und der Rat der Stadt Lübeck Sorge trägt, seine Bürger im Schießen damit auszubilden.
1558 wurde den Schützen ein Platz zur Verfügung gestellt, der weit außerhalb der Stadt lag und die Gefahr einer Verletzung oder Beschädigung weitgehend ausschloss.
Vom Anfang bis zum Ende lag der Bürgerschützenhof immer an der Fackenburger Allee auf dem Gelände des heutigen Bahnhofs. Auf einem Teil davon ist die heutige Schützenstraße erbaut.
Damals war der Bürgerschützenhof ein einfacher Schuppen, der zwar gegen Regen schützte, aber sehr ungemütlich war. Niemand konnte darin wohnen und durch böse Menschen entstanden den Schützen immer wieder erhebliche Schäden, so dass dort eine Stube, eine Kammer und ein Keller eingebaut wurde.
1591 wurde dann ein Neubau durch den Rat der Stadt durchgeführt. Aber der war bald zu klein und es wurde eine Erweiterung beschlossen und Bretter angefahren. Aber auch damals gab es schon manchmal Uneinigkeit und deshalb konnte der Schützenhof erst 1596 erbaut werden.
Die einzelnen Ämter bewahrten ihre Waffen, Vogelstangen und sonstiges in Gelagen auf. In denen wurde auch gefeiert. Die Gelagen waren mit Inschriften, Wappen des Amtes und sonstigen Verzierungen geschmückt. Hier ein Bild eines Gelages in der Schiffergesellschaft. So ähnlich sahen die Gelage auch im Bürgerschützenhaus aus und ein Gelage kann auch noch im St. Annen-Museum besichtigt werden. Hier sind die Sitztruhen gemeint.
Immer mehr bauten die einzelnen Ämter/Gelage eigene kleine Häuschen auf dem Gelände um noch mehr untereinander zu feiern. Dadurch wurde natürlich der Zusammenhalt der Schützenbrüder gelockert. Auf vielfältigen Wunsch traten 1787 die Schützen aller Gelage zu einem gemeinsamen Vogelschießen zusammen. Das fand soviel Anklang, dass nach und nach die einzelnen Ämterhäuser abgebrochen wurden und alles sich im Bürgerschützenhaus sammelte.
1836 waren alle Ämterhäuser abgebrochen. Der Bürgerschützenhof bestand noch bis 1903 und musste dann dem heutigen Bahnhof weichen.
Nach der Franzosenzeit wurde ein Neubeginn des Schützenwesens eingeführt. Bis 1868 wurde der Schützenhof mit den einzelnen Ämtern aufgelöst und in den Lübschen Besitz übergeben.
Schon 1839 gründete sich der Lübecker Schützenverein, der auch heute noch als der älteste existierende Schützenverein in Lübeck besteht. Er einigte sich mit dem Bürgerschützenhof, dass dort auch weiterhin vom Verein aus geübt werden konnte. 1864 wurde durch Trennung im Lübecker Schützenverein ein neuer Verein, der Lübecker Schützenbund gegründet.
Und so haben sich aus diesen Vereinen immer weitere Schützenvereine bis zur Neuzeit gegründet.
Seit 1848 pflegt die Hansestadt Lübeck eine Tradition, die sich aus dem beschriebenen Schützenwesen mit Vogel- und Scheibenschießen, auf Lübsch: Schiebenscheeten, entwickelte.
Es handelt sich um das Lübecker Volks- und Erinnerungsfest.
Am 28.06.1848 versammelte sich die „bevfölkerung“ zu dem vom Lübecker Schützenverein organisierten „Allgemeenen Schiebenscheeten“, dem „Allgemeinen Scheibenschießen“. Erstmals durften Menschen aus allen Teilen der Lübecker Bevölkerung teilnehmen.
Kurz vor Abmarsch der Menschen zum Bürgerschützenhof traf die Postkutsche aus Hamburg ein, welche Zeitungen mitbrachten, die vom ersten Parlament in Deutschland berichteten.
Dieses löste viel Freude aus und der Festzug setzte sich umso beschwingter in Bewegung. Daraus entstand das seit dem jährlich stattfindende Volks- und Erinnerungsfest. In diesem Jahr findet das Fest nun schon zum 161. Mal statt.
1951 nahm der erste reine Sportschützenverein im Bereich der Hansestadt seine Tätigkeit auf. Der „Verein Lübecker Sportschützen e.V.“ schloss sich dem im Jahre 1952 gegründeten Norddeutschen Schützenbund an. Zwei Mitglieder des Vereins nahmen an der Gründungsversammlung des Norddeutschen Schützenbundes teil und trugen wesentlich dazu bei, dass dieser Bund ins Leben gerufen wurde. Der erste Landessportleiter, E. Hotopf, kam aus Lübeck.
Die ersten Bemühungen, in den Sportverband aufgenommen zu werden, wurden ebenfalls von den Lübecker Sportschützen unternommen. Es bedurfte einiger Überzeugungsarbeit die Widerstände im örtlichen und landesweiten Sportverband und auch in den traditionsgebundenen Kreisen des Norddeutschen Schützenbundes zu überwinden. So gingen in den Gründerjahren wesentliche Impulse, organisatorische Tätigkeiten und sportliche Leistungen von Lübeck aus.
Zurzeit gibt es in Lübeck acht Schießsport- und Schützenvereine mit etwa 800 Aktiven. Angeboten wird fast die gesamte sportliche Palette des Schützenwesens. Vom historischen Vorderladerschießen, dem Schießen mit der Armbrust über moderne Kurz- und Langwaffenwettbewerbe bis hin zum Bogensport sind die Möglichkeiten, die sich unseren Schützen bieten.
Zahlreiche Landesmeister und Deutsche Meister kommen aus den Reihen der Lübecker Schützen, insbesondere aus dem Verein der Lübecker Sportschützen, die sich ganz den olympischen Disziplinen verschrieben haben. Stellvertretend, neben vielen weiteren Deutschen Meistern, sei hier nur die sechsfache Deutsche Meisterin, Europameisterin und WM – Bronze Gewinnerin Claudia von Kanitz genannt, die bei den Lübecker Sportschützen ihre Karriere begann.
Auch die Jugend im Kreisschützenverband Lübeck war und ist erfolgreich: Jüngst wurden gleich zwei Junioren der Lübecker Sportschützen in den deutschen Jugendkader der Nationalmannschaft (Sparte Armbrust) berufen. So belegten sie bei der Europameisterschaft in Basel vordere Platzierungen.
Kreisschützenverband Lübeck